Meilenstein für Ressourceneffizienz

Meilenstein für Ressourceneffizienz

Erster Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen Europas vor 25 Jahren offiziell eingeweiht

Vor 25 Jahren war es ein großer Tag für das Unternehmen, aber auch für die Stadt und die Region: Am 7. September 1994 wurde bei der Georgsmarienhütte GmbH der neue Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen offiziell eingeweiht – seinerzeit der erste seiner Art in Europa und eines der modernsten und ökologisch kompatibelsten Aggregate für die Stahlerzeugung. Dass die Stahlproduktion mit dem Elektrolichtbogenofen auch heute noch aktuell ist und in Sachen Klimaschutz die Nase vorn hat zeigt, dass damals auf die richtige Technik gesetzt wurde.

Klimaschutz und Wertstoffrecycling

„Nachhaltiger als mit unserem Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen lässt sich Stahl heute überhaupt nicht produzieren“, betont Dr. Michael Merz, Geschäftsführer Technik der Georgsmarienhütte GmbH. So erzeuge der Elektrostahl bei seiner Herstellung gegenüber dem Hochofenverfahren fünf Mal weniger CO2. Dadurch seien in den letzten 25 Jahren am Standort Georgsmarienhütte 26 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden. „Und zu guter Letzt kommt bei diesem Weg der Stahlerzeugung als Ausgangsrohstoff 100 Prozent Schrott zum Einsatz“, so der Geschäftsführer. „Das ist ein perfekter Recyclingprozess, denn Stahl lässt sich ohne Qualitätsverlust unendlich viele Male wiederverwerten.

Ein Blick zurück

Als vor 25 Jahren die rund 1.000 Ehrengäste an der offiziellen Einweihung teilnahmen – unter ihnen der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder – galt das Augenmerk sicherlich weniger dem Klimaschutz, als vielmehr der Standortsicherung. Hinter dem Stahlstandort lag ein gewaltiger Umstrukturierungsprozess: Erst ein Jahr zuvor war das Unternehmen von Dr. Jürgen Großmann unter dem Namen Georgsmarienhütte GmbH als Management-Buy-out aus dem Klöcknerkonzern übernommen worden. Eine der ersten Entscheidungen unter neuer Führung war die für einen modernen Elektrolichtbogenofen. Eine 100-Millionen-DM-Investition. Denn der „trockene“ Standort Georgsmarienhütte ohne direkte Anbindung an Wasserwege hatte immer schon einen Nachteil: Für die Stahlerzeugung mittels Hochofen und Konverter benötigtes Eisenerz und Koks mussten teuer über den Landweg transportiert werden. Dem gegenüber hatte der E-Ofen den Vorteil, dass er ausschließlich Stahlschrott als Ausgangsmaterial benötigt und zudem flexibler produzieren kann. Und so erfolgte nach 136 Jahren wechselvoller Geschichte der letzte Abstich des Hochofens am 25. Mai 1994. Was dann folgte, glich einer Operation am offenen Herzen: Nach lediglich sechs Wochen sollte und musste der neue E-Ofen gebaut werden und in Betrieb gehen. Es gelang. Die alte Hochofenanlage wurde letztlich im August 1996 unter großem öffentlichen Interesse gesprengt. Viel Schrott aus den nicht mehr benötigten und abgebrochenen Hochofenanlagen wanderte in den neuen Ofen – auch hier ein perfekter Recyclingprozess.

Ideal für einen „trockenen“ Standort

Heute wird der Gleichstrom-Elektrolichtbogenofenmit Schrott befüllt, der aus aller Welt beschafft wird. Sortiert und klassifiziert wird er, größtenteils per Eisenbahn, im Stahlwerk angeliefert. Ein Schrottlager auf dem Werksgelände gibt es nicht mehr. Daher werden mit hohem logistischem Aufwand und engen Absprachen immer genau die richtigen Schrottsorten für die geplante Produktion bereitgestellt. Für jede zu erzeugende Stahlsorte wird ein ganz spezielles „Schrottmenü“ zusammengestellt und eingeschmolzen.

Die Technik des Gleichstrom-Elektrolichtbogenofens

Der Gleichstrom-Elektrolichtbogenofen besteht im Prinzip aus einem Stahlkessel mit Deckel. Der Boden des Ofens ist mit feuerfesten Massen und Steinen ausgekleidet. Die Seitenwände und der Deckel bestehen aus Kupfer- und Stahlelementen, die mit Wasser gekühlt werden. Im Boden ist der elektrische Pluspol, die Anode, eingebaut, der Minuspol ist an eine Graphitelektrode angeschlossen. Diese kann durch den Ofendeckel auf und nieder gefahren werden. Nach dem Befüllen des geöffneten Ofens mit Schrott, dem so genannten Chargieren, wird der Deckel geschlossen und die Elektrode durch das Deckelloch geführt. Dann wird an der Elektrodenspitze ein Lichtbogen gezündet, der durch seine sehr hohe Temperatur den Schrott zum Schmelzen bringt. Ist der gesamte Schrott eingeschmolzen, die Schmelze beprobt und analysiert sowie das Stahlbad auf eine Temperatur von ca. 1640°C gebracht, wird der Ofen in einen Transportbehälter, die so genannte Pfanne, entleert. Während dieses Vorgangs werden dem Stahl dann auch Zuschlagstoffe beigegeben, die am Ende genau die gewünschten Materialeigenschaften hervorrufen. Mit einer Charge werden 140 Tonnen Stahl aus Stahlschrott erschmolzen. Insgesamt wurden so in den vergangenen 25 Jahren mit dem E-Ofen rund 20 Millionen Tonnen Stahl produziert.

Auch nach 25 Jahren auf aktuellem Stand

Und wie ist es um die Zukunft des E-Ofens bestellt? „Der E-Ofen wird ständig instandgehalten und modernisiert. Er entspricht heute dem aktuellen Stand der Technik und wird auch in Zukunft dem technischen Fortschritt angepasst“, so Merz. Um noch nachhaltiger zu arbeiten, wird zum Beispiel inzwischen ein Teil der Abwärme aus der Stahlproduktion des E-Ofens in das bestehende Fernwärmenetz der Stadtwerke Georgsmarienhütte eingespeist. So können über 900 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. „Die Georgsmarienhütte GmbH ist heute eines der modernsten Stahlwerke Europas und gehört zu den Technologieführern seiner Branche“, erklärt der Geschäftsführer. Ein Ergebnis, das die Gäste der offiziellen Einweihung vor 25 Jahren sich wahrscheinlich erhofft, aber sicher nicht alle erwartet haben.

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